Immaterielles Kulturerbe

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Das Immaterielle Kulturerbe umfasst kulturelle Ausdrucksformen wie Tanzen, Musizieren, Singen, das Pflegen von Bräuchen und Handwerk, die von Wissen und Können getragen und von Generation zu Generation weitergegeben und so erhalten, gepflegt und ständig weiterentwickelt werden. Hiermit grenzt es sich vom (materiellen) Kulturerbe (Welterbestätte) wie Bauten und Artefakten ab.

Formen Immateriellen Kulturerbes können in die Liste des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO und/oder in den Bundes- und Landesverzeichnissen des Immateriellen Kulturerbes offiziell aufgenommen werden. Die Oberpfalz zählt aktuell 17 Ausdrucksformen Immateriellen Kulturerbes, die in den offiziellen Listen aufgenommen wurden.[1]

Bereiche des immateriellen Kulturerbes sind Mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, Darstellende Künste, Bräuche, Rituale und Feste, Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum, Traditionelle Handwerkstechniken und Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation.[2]

Listen und Verzeichnisse des Immateriellen Kulturerbes

Logo Bundesweites Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes
Logo Bundesweites Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes
Logo Bayerisches Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes
Logo Bayerisches Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes

Liste des Immateriellen Kulturerbes weltweit

Die weltweite Liste des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO umfasst kulturelle Ausdrucksformen aus 140 Ländern (Stand Oktober 2024). Die Liste unterteilt sich in die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit, in die Liste des dringend erhaltungsbedürftigen Immateriellen Kulturerbes und in das Register Guter Praxisbeispiele.[3]

Bundesweites Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes

Die Bundesrepublik Deutschland ist 2013 dem UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes beigetreten.

Die Liste des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland der UNESCO umfasst aktuell 150 kulturelle Ausdrucksformen (Stand Oktober 2024).[4]

Landesverzeichnisse des Immateriellen Kulturerbes

Neben dem Bundesweiten Verzeichnis gibt es auch auch Verzeichnisse von Bundesländern zum Immateriellen Kulturerbe. Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen haben offizielle Landesverzeichnisse. Die aufgezählten kulturellen Ausdrucksformen in den Landesverzeichnissen müssen nicht zwingend im Bundesweiten Verzeichnis gelistet sein.

Das Bayerische Landesverzeichnis weist aktuell 82 kulturelle Ausdrucksformen auf.[5]

Aufnahmekriterien und Maßnahmen für die Listen des Immateriellen Kulturerbes

Um in die offiziellen Listen des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden zu können, müssen die kulturellen Ausdrucksformen bestimmte Kriterien erfüllen. Hierzu zählen zum Beispiel:[6]

  • Weitergabe von Wissen/Können von Generation zu Generation
  • Verankerung in der Gesellschaft sowie ein Gefühl von kollektiver Identität
  • Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsübereinkünften
  • Offenheit der Ausdruckform gegenüber allen Menschen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion, oder Zugehörigkeit einer sozialen Gruppe
  • Nachhaltigkeit

Ausdrucksformen des Immateriellen Kulturerbes in der Oberpfalz

Die hier aufgeführten 17 Ausdrucksformen Immateriellen Kulturerbes der Oberpfalz sind Teil der Liste des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO[7] und/oder im Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbe Bayerns[8] aufgezählt.

Auflistung der Ausdrucksformen

im Bayerischen Landesverzeichnis seit in der UNESCO-Liste seit Ausdrucksform Aufgenommen als Kategorie(n)
2018 2018 Oberpfälzer Zoiglkultur Kulturform Bräuche, Rituale und Feste, Traditionelle Handwerkstechniken, Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation
2016 2016 Zwiefacher Kulturform Darstellende Künste, Bräuche, Rituale und Feste
2014 2015 Handwerkliche Fertigung von Flachglas Kulturform Traditionelle Handwerkstechniken
2014 2018 "Der Drachenstich" Kulturform Darstellende Künste, Bräuche, Rituale und Feste
2014 - Kötztinger Pfingstritt Kulturform Bräuche, Rituale und Feste
2020 2021 Traditionelle Karpfenteichwirtschaft in Bayern Kulturform Wissen in Bezug auf Natur, Traditionelle Handwerkstechniken
2016 2016 Spitzenklöppeln Kulturform Traditionelle Handwerkstechniken
2018 2021 Erhalt der Jurahäuser Gutes Praxisbeispiel Wissen in Bezug auf Natur, Traditionelle Handwerkstechniken
- 2018 Das Bauhüttenwesen Gutes Praxisbeispiel Traditionelle Handwerkstechniken
2023 - Kirwa im Amberg-Sulzbacher Land Gutes Praxisbeispiel Mündlich überlieferte Ausdrucksformen, Darstellende Künste, Bräuche, Rituale und Feste, Traditionelle Handwerkstechniken
2021 - Erhaltung und Vermittlung des Fassbinderhandwerks Gutes Praxisbeispiel Traditionelle Handwerkstechniken
2018 2020 Schafhaltung in Bayern Kulturform: "Süddeutsche Wander- und Hüteschäferei" Mündlich überlieferte Ausdrucksformen, Bräuche, Rituale und Feste, Wissen in Bezug auf Natur, Traditionelle Handwerkstechniken
2024 - Fahnenstickerei Kulturform Mündlich überlieferte Ausdrucksformen, Traditionelle Handwerkstechniken
2024 - Chinesenfasching Dietfurt Kulturform Bräuche, Rituale und Feste, Traditionelle Handwerkstechniken
2024 - Treideln auf dem Ludwig-Donau-Main-Kanal Gutes Praxisbeispiel Mündlich überlieferte Ausdrucksformen, Wissen in Bezug auf Natur, Traditionelle Handwerkstechniken
2024 - Gelübdefeiertag St. Sebastian Kulturform Darstellende Künste, Bräuche, Rituale und Feste
2024 - Die vier Knabenchöre Bayerns Kulturform Mündlich überlieferte Ausdrucksformen, Darstellende Künste, Bräuche, Rituale und Feste, Traditionelle Handwerkstechniken

Beschreibungen der Ausdrucksformen (Auswahl)

Oberpfälzer Zoiglkultur

Die Oberpfälzer Zoiglkultur zeichnet sich durch das gemeinschaftliche Brauen im lokalen Kommunbrauhaus aus, eine Tradition, die bis ins Jahr 1415 zurückreicht. Heute existieren nur noch 5 solcher gemeinschaftlich betriebenen Brauhäuser: Brauhaus Eslarn, Brauhaus Falkenberg, Brauhaus Mitterteich, Brauhaus Neuhaus und das Brauhaus Windischeschenbach.[9]

Das Zoigl-Bier ist ein untergäriges Bier und wird traditionell in wechselnden Lokalitäten ausgeschenkt. Die Zoiglkultur ist von intensiver Kommunikation begleitet. Der Ausschank erfolgt bei Laienwirten und ist stets mit einer preisgünstigen Brotzeit verbunden. Die egalitär ausgerichtete Verzehrsituation wird sowohl von der lokalen Bevölkerung als auch von Besuchern geschätzt.[10]

"Der Drachenstich" als zentraler Bestandteil des historischen Festspiels (Foto: Drachenstich-Festspiele e.V.)
Obermühle Dietfurt-Mühlbach (Foto Anton Brandl - Eva Martiny)

"Der Drachenstich" zu Furth im Wald - Historisches Festspiel

Das historische Festspiel „Der Drachenstich“ in Furth im Wald thematisiert den Kampf eines Ritters gegen einen gefährlichen Drachen. Dieses Spektakel entwickelte sich aus einer seit 1590 belegbaren Fronleichnamsprozession, bei der ein Georgs-Drache mitgeführt wurde. Aufgrund eines Verbots entstand 1879 ein eigenständiges Schauspiel, das sich ganz auf den Drachen konzentriert.

Heute findet das Festspiel im August statt und wird von zahlreichen Veranstaltungen begleitet. Der hochmoderne, 16 Meter lange Drache beeindruckt dabei ebenso wie die rund 1500 Mitwirkenden. Für Furth ist der Drachenstich das zentrale kulturelle Ereignis des Jahres - Signifikant ist der Spruch: „Furth lebt, solange der Drache stirbt“. Der Further Drachenstich ist das älteste Volksschauspiel Deutschlands und findet alljährlich im August statt.[11]

Erhalt der Jurahäuser - Traditionelle Baukultur im Altmühljura

Der Erhalt der traditionellen Jurahäuser im Altmühltal, von denen heute noch etwa 3.000 existieren, stellt sowohl handwerklich als auch ökonomisch eine erhebliche Herausforderung dar. Diese historischen Gebäude sind durch ihre Dachdeckung aus dünnen, nur an einer Kante gerade gehauenen Jurakalksteinplatten und einen schlichten, kubischen Baukörper mit nahezu quadratischen Fenstern geprägt.

Der 1984 gegründete Jurahausverein e. V., mit rund 800 Mitgliedern, engagiert sich aktiv für den Erhalt dieser regionalen Baukultur. Zu den vielfältigen Aktivitäten gehören das Museum „Das Jurahaus“ in Eichstätt, Vorträge, Führungen, Workshops, Publikationen und die Bewahrung der traditionellen Handwerkstechniken sowie der charakteristischen Hauslandschaft im Einklang mit den naturräumlichen Gegebenheiten. In der Oberpfalz steht das Jurahaus-Ensemble Obermühle, welches gepflegt und so erhalten wird.[12]

Kirwa im Amberg-Sulzbacher Land

Jährlich feiern etwa 100 Ortschaften im Landkreis Amberg-Sulzbach die Kirwa (Kirchweih) als bedeutendes Fest. Die öffentlichen Feierlichkeiten erstrecken sich über drei Tage und umfassen zentrale Elemente wie die Errichtung des Kirwabaumes, Kirwatänze oder das "Geldbeutelwaschen" wobei lokale und regionale Besonderheiten berücksichtigt werden.

Organisiert wird das Fest hauptsächlich von Gruppen unverheirateter Jugendlicher und junger Erwachsener. Eine zentrale Rolle spielt der „Kreisheimatpfleger für die Kirwa“, der verschiedene Elemente, Gestaltungen und Abläufe initiiert hat, die von den Trägergruppen übernommen wurden. Durch diese Tradition werden Wissen und Können innerhalb der Gemeinschaften weitergegeben und mit Unterstützung der Heimatpflege kontinuierlich gepflegt und entwickelt.[13]

Einzelnachweise

  1. Immaterielles Kulturerbe in der Oberpfalz: https://www.bezirk-oberpfalz.de/_Resources/Persistent/4/a/a/4/4aa4469540895788f96d2ee5d034a30eba071a5b/Brosch%C3%BCre%20Immaterielles%20Kulturerbe%20in%20der%20Oberpfalz_3.%20Auflage_2024.pdf, aufgerufen am 25. September 2024.
  2. IKE Bayern - Was ist IKE?: https://www.ike.bayern.de/ike/index.html, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  3. UNESCO Immaterielles Kulturerbe weltweit: https://www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe/immaterielles-kulturerbe-weltweit, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  4. UNESCO Immaterielles Kulturerbe in Deutschland: https://www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe/immaterielles-kulturerbe-deutschland, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  5. IKE Bayern - Was ist IKE?: https://www.ike.bayern.de/ike/index.html, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  6. IKE Bayern - Was ist IKE?: https://www.ike.bayern.de/ike/index.html, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  7. Immaterielles Kulturerbe in Deutschland (UNESCO): https://www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe/immaterielles-kulturerbe-deutschland, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  8. Bayerisches Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes: https://www.ike.bayern.de/verzeichnis/index.html, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  9. Zoiglstuben - Zoiglbier: https://zoiglbier.de/die-brauer/, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  10. Historisches - Zoiglbier: https://zoiglbier.de/historisches-2/, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  11. Drachenstich - Immaterielles Kulturerbe: https://www.drachenstich.de/index.php/geschichte-gegenwart/immaterielles-kulturerbe, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  12. Jurahaus-Verein: Jurahäuser und Immaterielles Kulturerbe: https://www.jurahaus-verein.de/immaterielles-kulturerbe, aufgerufen am 02. Oktober 2024.
  13. Kulturerbe Kirwa - Amberg-Sulzbacher Land: https://amberg-sulzbacher-land.de/tradition-kultur/feste/kulturerbe-kirwa/, aufgerufen am 02. Oktober 2024.