Spitzwecken

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Ungebrochen ist die Tradition um den Spitzwecken, ein Hefezopf zur Hochzeit mit großer Aussagekraft und Beschwörung des Glücks. Welch tieferer Sinn dahinter steht, wurde über die Generationen weitergegeben. Auf vielen Hochzeiten in der mittleren Oberpfalz ist das symbolträchtige Gebäck mit seinen ausgelassenen Ritualen ein wichtiger Teil der Feierlichkeiten. Der Spitzwecken war und ist heute noch meist das Geschenk der Tauf- und Firmpaten. Verbreitet ist die Gabe im gesamten katholischen Gebiet der Landkreise Amberg-Sulzbach, Schwandorf, Neumarkt und zum Teil Neustadt a.d.W., während man bei der protestantischen Bevölkerung dieses Brauchtum nicht findet. Zur Hochzeit gab es früher bis zu vier Spitzwecken. Je wohlhabender der Pate war, umso länger schaffte er den Hefezopf an. Ein Spitzwecken von vier Meter und darüber hinaus war keine Seltenheit. Bis sieben Meter Länge hat die Bäckerei Rom, „da Kohlbeck“ aus Kemnath am Buchberg dieses Backwerk schon hergestellt. Heutzutage gibt es auf den Hochzeiten eine reichhaltige Auswahl an Torten und Kuchen, deshalb schenkt meist nur ein Pate den Spitzwecken.

Glückskuchen heißt dieses Backwerk auch, denn es soll dem Brautpaar viel Glück und ein langes gemeinsames Leben bescheren. Dafür zieren die beiden Spitzen des Zopfes gebackene Spiralen, Schnecken, Schleifen oder ähnliche Formen. Gedeutet werden diese als Totengebäck der Altvorderen und sind oftmals Schmuck oder Form der alljährlichen Allerheiligenspitzeln. Auf dem Spitzwecken beschwören diese Zeichen eine lange Zeit zwischen der Vermählung und bis der Tod das Ehepaar scheidet. Aus diesem Grund ist der Pate bestrebt, dass seine gebackenen Glückwünsche die längsten sind. Jeder Hochzeitsgast muss ein Stück vom Gebäck essen, das bringt dem Brautpaar Glück. Wird der Zopf nicht gleich beim Mahl verzehrt, bekommt der Gast einen Anteil als „Bschoi“ mit nach Hause. Mindestens eine Flechtung wird dem Paten überreicht.

Wie eng ab jetzt die Elterngeneration, das Brautpaar und die künftigen Kinder verbunden sind, das symbolisiert der Zopf mit seinen drei verschlungenen Strängen.

Geschmückt ist der Glückskuchen mit Myrthen oder Asparagus das besagt, die Ehe soll gleich dem Immergrün stets frisch bleiben und nicht verdorren. Viele weiße oder rote Kerzen werden bei der Übergabe angezündet und wünschen ein helles und leuchtendes gemeinsames Leben ohne Dunkelheit und Kälte. Dass die Ehe aber auch mit Kindern gesegnet wird beschwören rote Schleifen, denn rot ist die Farbe der Fruchtbarkeit, unterstrichen von einer üppigen Dekoration mit Störchen aus Pappmasche, die an rosa und hellblauen ändern Kinder im Schnabel tragen, dazwischen Spielzeug „Schebala“, Milchfläschchen „Ludln“, gefüllt mit bunten Zuckerkugeln und Schnuller „Duzln“. Auf dem Zopf sind auch allerlei kleine Miniaturmöbel angebracht, wie Tischchen oder Stühle. Sie stehen sinnbildlich für einen reichen Hausstand.

Höhepunkt für die Hochzeitsgäste ist die Übergabe der Spitzwecken. Sie bildet den Schluss, nachdem ein jeder Hochzeitsgast dem Brautpaar sein Geschenk bereits überreicht hat und deutet an, dass mit dieser Zeremonie die Verpflichtung für Patengeschenke endet.

Unverheiratete, junge Männer der Hochzeitsgesellschaft vertreten die Paten, setzen den Spitzwecken auf ihre Schultern, zünden die Kerzen an und machen sich „gurzend“ und tanzend auf den Weg zu den Brautleuten im Saal, ohne dass sie das Gebäck dabei verlieren dürfen. Der eine oder andere Pate hat bei solch ausgelassener Gaudi schon mit Schrecken um sein Geschenk gebangt. Begleitet von Musikanten geben die Burschen Schwierigkeiten vor und beklagen sich lautstark, dass die Tür zu niedrig sei, und der Spitzwecken viel zu lang und zu schwer ist. Die Braut muss das Glück hineinlocken und geht ihnen mit dem Hochzeitskrug, (heute oft ein Kübel mit Bier gefüllt und eine Schöpfkelle) der mit Bier gefüllt ist, entgegen. Immer wieder setzen die Träger ab und nehmen eine Stärkung daraus zu sich. Dann behauen sie im Rhythmus der Musik den Türstock oder heutzutage einen Holzprügel mit einer Axt oder Motorsäge und sägen den Spitzwecken und das Backbrett durch. Nach mehrfachem Anrennen und lautstarkem Hauruck stellen sie schließlich die Teile auf den Brauttisch vor das Brautpaar. Die gebackenen Glückwünsche sind gut angekommen!

Glück, zeigen die Burschen mit ihrem Spiel, kommt nicht immer auf einfachen und geraden Wegen. So manches Hindernis wird im Laufe des Ehelebens zu überwinden sein. Spitzwecken als Glücksbringer mit all den Deutungen und Ritualen drum herum, sind heute so zeitgemäß und beliebt, wie vor Generationen.

Dieser Glückskuchen/Spitzwecken (auch Spießwecken) ist auch heutzutage sehr beliebt und wird gerne (besonders in dieser Generation) zu besonderen Geburtstagen, Taufen, Ehrungen in kleineren Ausführungen von 1 Meter bis 1.50m verschenkt und immer mit den überlieferten Symbolen, wie Kerzen in weiß oder auch rot, roten Schleifen, Immergrün und je nach Anlass dekoriert: Schokoladenteddybären, Marienkäfer für Kinder, Hufeisen, Kaminkehrer, Glücksschweine, vierblättrige Kleeblätter…. Dieser Glückskuchen wird auch wie es schon immer der Brauch ist, aufgeschnitten und jeder Gast verspeist ein Stück davon, damit es Glück bringt.

Junge Brautleute, die wegheiraten, wünschen sich von den Paten oft so einen Spitzwecken mit den Symbolen und dem Brauch der Überbringung dazu. Es ist für sie eine Besonderheit aus ihrer Heimat.