Betty Bösl

Aus OberpfalzWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Betty Bösl (* 27. Februar 1926; † 30. Dezember 2019) war die Gründerin der Caritas Sozialstation Hirschau.

Leben

Betty Bösl wurde Am 27. Februar 1926 als ältestes von drei Kindern der Eheleute Georg und Barbara Reil geboren. Nach ihrem Schulabschluss besuchte sie die kaufmännische Berufsschule, um dann mit ihrem Vater den Holzbaubetrieb Reil zu gründen.[1]

Als 1968 Bösls Nichte Luzia (14 Jahre) und ihr Neffe Anton Müller (16 Jahre) nach dem Tod beider Elternteile zu Vollwaisen wurden, nahm Frau Bösl die beiden Kinder in ihren Haushalt auf, bis diese volljährig waren und eine auswärtige Ausbildung antraten. In ihrem Haushalt lebte zu diesem Zeitpunkt nicht nur ihre Tochter Theresia (damals 14 Jahre), sondern auch der zweijährige Enkel Holger (Sohn der älteren, damals noch in Ausbildung befindlichen 20-jährigen Tochter Elisabeth).

Betty Bösl war mit dem 2014 verstorbenen Willi Bösl verheiratet. Ihm war sie während seiner Amtszeit als Bürgermeister (1958 bis 1984) und ersten Landratsstellvertreters (1962 bis 1984) stets ein starker Rückhalt. Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor.

Am 30. Dezember 2019 verstarb Betty Bösl.

Engagement

Sozialstation Hirschau

Die Sozialstationsära Betty Bösls begann 1977. Nach einem Frauenbund-Altenpflegehilfekurs bat Stadtpfarrer Völkl Betty Bösl, die seit 1976 familienpflegerische Einsätze koordinierte, um die Organisationsleitung. Mit ihrem Ja war die „Zentrale für ambulante Pflegedienste“, wie die Sozialstation ursprünglich hieß, geboren. Aus vier Beschäftigten wurden innerhalb von zehn Jahren 30. Bis Anfang der 80er Jahre diente Betty Bösls unentgeltlich zur Verfügung gestellter R 4 als Einsatzauto.

Mit Weitblick und Pioniergeist nahm Frau Bösl schon Anfang der 80-er Jahre die Aktion „Essen auf Rädern“ in den Leistungskatalog der Station auf. Heute werden täglich bis zu 100 küchenfrische Menüs aus der Küche des Hirschauer Alten- und Pflegeheimes zu Bedürftigen in den Betreuungsgemeinden gebracht und bei Bedarf auch verabreicht. Bis 1985, als die Station bereits 25 Mitarbeiterinnen zählte, wurde der gesamte Dienstbetrieb (einschließlich der Betriebsweihnachtsfeier und der Lagerung der Materialien) im Hause Bösl abgewickelt - selbstverständlich mietfrei. Frau Bösl machte sich mit unnachahmlichem Engagement an den Bau eines eigenen Stationsgebäudes. Ihre Fürsprache bei den heimischen Firmen und sogar bei der „Glücksspirale“ waren von Erfolg gekrönt. Mit deren Unterstützung konnte sie 1986/87 und 1992/93 an der Marienstraße einen Gebäudekomplex mit Verwaltungs-, Schulungs- und Lagerräumen sowie einer Dienstwohnung und 30 Garagen errichten - all dies schuldenfrei.

Als besonders wertvoll innerhalb des Gebäudes erweist sich der Unterrichtssaal. Dort werden regelmäßig Aus- und Fortbildungslehrgänge für das Personal sowie Angehörigentreffs, Info-Veranstaltungen zu Pflegethemen und Krankenpflegekurse abgehalten, auch die sog. „LeA-Kurse“ und die wöchentlichen Zusammenkünfte der „Aktion Lichtstrahl“, die von Betty Bösl Anfang 2005 zur Betreuung Demenzkranker ins Leben gerufen wurde.

Pioniergeist bewies Betty Bösl 1990 mit der Einführung von Lehrgängen zur “Heranbildung von Hilfskräften für die hauswirtschaftliche Versorgung in der Altenbetreuung”. Nach hartnäckigen Gesprächen mit dem Arbeitsamt wurde diese Lehrgangsform als Modellprojekt für ganz Deutschland anerkannt und gefördert. Über 500 Frauen haben den erfolgreichen Lehrgangsabschluss zum Einstieg ins Berufsleben genutzt.

Großen Wert legte Frau Bösl immer darauf, dass ihre Mitarbeiterinnen ausnahmslos in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen beschäftigt waren. Ihrer Zeit weit voraus war Frau Bösl auch damit, dass sie in den 80-er Jahren für die kleinen Kinder ihrer jungen Schwestern einen eigenen Betriebskindergarten im Stationsgebäude einrichtete, der von einer Erzieherin geleitet wurde.

Am Silvestertag 2005 ging in der Stadt Hirschau, speziell in der Caritas-Sozialstation, eine große, wohl einzigartige Ära zu Ende: Stationsleiterin Betty Bösl, die die Station nicht nur ehrenamtlich, sondern all die Jahre unentgeltlich geführt hatte, verabschiedete sich wenige Wochen vor ihrem 80. Geburtstag in den wohl verdienten Ruhestand.

Mehr als 60 000 Stunden hatte sie bis dahin für “Gottes Lohn” zum Wohle der Alten, Kranken und Schwachen in der Stadt Hirschau, im Landkreis Amberg-Sulzbach und in der Diözese Regensburg gearbeitet und einen Betrieb mit Umsicht und Weitblick geführt, der bis zu 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt und damit der größte Dienstleistungsbetrieb in der Stadtgemeinde Hirschau ist. In der genannten Zahl der unentgeltlich geleisteten Stunden ist nur die tatsächlich in der Station abgeleistete Arbeitszeit enthalten. Nicht enthalten ist die Tatsache, dass Frau Bösl all die Jahre Tag für Tag Bereitschaftsdienst leistete und rund um die Uhr (auch am Wochenende) erreichbar war. Selbst immer wieder auftretende, schwere Rheuma-Erkrankungen konnten sie nicht an ihrem Engagement hindern.

Bei ihrer Verabschiedung bestätigten die Mitarbeiterinnen, dass Frau Bösl täglich in den frühen Morgenstunden die erste in der Station war und am Abend die letzte, die diese verlassen habe.

Am Tage ihres Abschieds konnte Frau Bösl einen Fahrzeugpark von 50 Dienstautos übergeben, die dank ihres persönlichen Einsatzes de facto alle der Sozialstation von Gönnern gestiftet wurden. Die Schwestern, Pflegerinnen und Zivildienstleistenden der Sozialstation legten und legen damit pro Jahr ca. 650 000 Kilometer zurück, um die Patienten in den Gemeinden Hirschau, Schnaittenbach, Freudenberg, Freihung und Gebenbach optimal zu betreuen bzw. auf dem Sektor der Familienhilfe zu helfen. Für dieses Aufgabengebiet werden die Hirschauer Familienpflegerinnen als „Ersatz-Muttis“ in der gesamten Diözese Regensburg, teilweise sogar darüber hinaus, angefordert.

Angesichts dieser Fakten verwundert es nicht, dass die Hirschauer Sozialstation weit über die Grenzen der Stadt hinaus als „Betty Bösls Lebenswerk“ angesehen und bewundert wird. Besonders dankbar sind ihr natürlich die über 7 000 Patienten und deren Angehörige und vor allem die Kinder derjenigen Familien, denen Frau Bösl quer durch die ganze Oberpfalz eine „Ersatzmutti“ in Form einer Familienpflegerin zur Verfügung stellte.

Katholischer Frauenbund

Die außergewöhnlichen Leistungen von Frau Bösl erschöpfen sich jedoch nicht mit ihrem großartigen, uneigennützigen Wirken für die Sozialstation. Nicht vergessen werden darf, dass sie dem Katholischen Frauenbund ab seiner Gründung im Jahr 1963 bis 1977 als stellv. Vorsitzende diente, dann bis 1986 als erste Vorsitzende. In dieser Eigenschaft gründete sie nicht nur die Sozialstation, sondern startete eine Vielzahl von Aktionen zur Unterstützung Hilfsbedürftiger und der Pfarrei. Als herausragende Leistung sei die Erstellung und Herausgabe des Kochbuches „Hirschauer Schmankerln“ genannt. Mit dem Verkaufserlös dieses Kochbuches konnte zu einem erheblichen Teil die Renovierung der Vierzehnnothelfer-Kirche mit ihrem in der Oberpfalz einzigartigen „Akanthus-Altar“ finanziert werden.

Für Ihre Verdienste wurde zur Ehrenvorsitzenden des Katholischen Frauenbundes in Hirschau ernannt.

Politisches Engagement

Neun Jahre lang trug Betty Bösl von 1973 bis 1982 auch als stellv. Vorsitzende der CSU-Frauen-Union Verantwortung und organisierte in dieser Eigenschaft eine Reihe von Hilfsaktionen für Bedürftige. So ging z.B. der Erlös des alljährlichen Flohmarktes an bedürftige Hirschauer Familien.

Auszeichnungen/ Ehrungen

  • Am 25. April 1988 verlieh ihr Bundespräsident von Weizsäcker das Bundesverdienstkreuz am Bande.
  • Am 26. August 1993 wurde sie zur Ehrenbürgerin der Stadt Hirschau ernannt.
  • Staatsministerin Stamm zeichnete sie mit der Bayerischen Staatsmedaille für besondere soziale Verdienste aus.
  • 2005 zeichnete sie Bezirkstagspräsident Schmid mit der Bezirksmedaille aus, der höchsten Auszeichnung der Oberpfalz.
  • Diözesan Caritasdirektor Piendl verlieh ihr die höchste Auszeichnung der Caritas-Diözese.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Hirschau trauert um Betty Bösl. Oberpfalz Medien GmbH, vom 2. Januar 2020, abgerufen am 01. September 2024