Alte Steingutfabrik
Die Alte Steingutfabrik war eine Steingutfabrik in Hirschau.
Geschichte
Am 16. März 1826 gaben Carl Martin Dorfner und Josef Konstantin Dorfner zu Protokoll, sie seien mit Heinrich Waffler in Gesellschaft eingetreten, um um in Hirschau eine Steingutfabrik zu errichten. Noch am gleichen Tag tauschten die Genannten von der Stadt den öden Gemeindeplatz vor dem oberen Thore auf dem Punkte, wo sich die nach Amberg ziehende Vizinalstraße von der Prager Hauptstraße trennt, bei dem Mutter-Anna-Brückl rechts gelegen für das Fabrikgebäude ein. Am 18. April 1826 erteilte die Regierung des Regenkreises die Konzession. Am 19. Mai 1826 trat Johann Dietrich Meyer in die Firma ein und trug als erstklassiger Fachmann wohl den entscheidenden Anteil am schnellen Aufschwung des jungen Unternehmens, das unter „Dorfner & Co“ firmierte. Am 18. April 1826 erteilte die Regierung die Konzession zur Steingutfertigung in Hirschau.[1]
Die Situation in den Anfangsjahren der Steingutfabrik dokumentiert ein Schreiben des Ersten Magistratrats Nißl an das Landgericht Amberg aus dem Jahr 1836:[2]
Die hiesige Steingutfabrik entstand im Jahre 1826. Anlaß hierzu gaben Josef Dietrich Mayer aus Münden im Königreich Hannover und Heinrich Waffler aus Regensburg, vorzüglich Mayer, ohne welchen nichts hätte zustandegebracht werden können, mit welchen dann die Gebrüder Carl Martin und Josef Dorfner in einen Assoziation-Vertrag traten.
Meyer leitete durch seine vieljährige Erfahrung und Kenntnisse, die er sich durch Bereisung fast aller Fabriken in Norddeutschland, Böhmen, Mähren, Schlesien, Bayern als Werkführer sammelte, ja selbst einige große Fabriken in Böhmen angegangen war, den ganzen Bau des Fabrikgebäudes, vorzüglich die Brennöfen unter tätigster Mitwirkung des Fabrikvorstandes Carl Martin und seines Bruders Josef Dorfner, welche beide als unternehmende, vermögliche Männer bekannt, hiezu alle erforderlichen pekuniären Mittel, alle Fuhren mit ihrer zahlreichen Menat sowie alles Bauholz lieferten, da die günstige Lage von Hirschau wegen der Nähe des zu Ehenfeld unerschöpflich reichen und ebenso guten Tonvorrats, woraus die beiden Fabriken zu Bayreuth und Amberg schon früher und bis jetzt kontinuierlich fort zum Betrieb versehen werden, einerseites, dann wegen des in der ganzen Gegend befindlichen nachhaltigen Waldbestandes sowie der zum Betrieb unentbehrlichen feinen und großen Sandmassen andererseits die ersprießlichste Aussicht für die Zukunft gewähren.
Was jedoch diesem kühnen und kostspieligen Unternehmen die Krone aufsetzte, ist das Arcanum (Fabrikationsgeheimnis) der Glasurmischung und die Kunst, dem Fabrikate eine besonders empfehlende Weiße zu geben, die das hiesige Geschirr vor jedem anderen in- und ausländischen Fabrikate auszeichnet und die hiesige Fabrik über jede andere erhebt. Dieses Geheimnis und die Kunst besitzt auch nur Meyer allein, weshalb er die Seele und Schöpfer der Fabrik genannt werden kann.
1826 startete die Firma mit 45 Arbeitern an 26 Drehscheiben. 1870 waren es 120 Arbeiter.[3]
Am 6. März 1833 trat Carl Martin Dorfner aus der Gesellschaft aus. Sein Anteil wurde mit 12900 Gulden bewertet. Die Anteile wurden von den anderen drei Gesellschafter übernommen.[4]
Zwischen dem 1. September 1840 und dem 8. März 1841 trat Heinrich Waffler aus der Gesellschaft aus. Für seinen Anteil erhielt er wahrscheinlich 18000 Gulden ausbezahlt. Er gründete 1841 eine eigene Fabrik in Reichenbach.[5]
In den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts war die Hirschauer Steingutfabrik die größte Steingutfabrik in der Oberpfalz.[3]
Am 1. August 1849 schied Johann Dietrich Meyer aus der Firma aus. Er bekam für seinen Anteil 31000 Gulden nebst 100 Gulden Leihkauf, fünf Klafter dürres Holz und zwölf Kisten mit mit Tafel- und Kaffeegeschirren. Außerdem erhielt seine zweite Frau Rosalie 200 Gulden Leihkauf.[5]
Nach dem Ausscheiden Meyers war Josef Konstantin Dorfner der letzte verbleibende Gesellschafter. Bei dessen Tod am 9. August 1860 wurde der Wert der Firma auf 72000 Gulden veranschlagt. Die Firma ging an seine drei Söhne. Josef bekam die Hälfte, er leitete die Firma auch bis 1894. Johann und Michael je ein Viertel. Nach Johanns Tod am 21. Juli 1874 fiel dessen Anteil an seinen ältesten Sohn Ernest Dorfner. Der Anteil wurde mit 44000 Gulden bewertet.[6]
Seit 1890 kam es zwischen den Teilhabern der Firma zu Differenzen.[7] Im Jahr 1894 wurde die Firma aufgelöst und versteigert.[8] Die Hälfte der Fabrik ging an Ernest Dorfner, der die Fabrik bis zu seinem Tod leitete.[3] Ein Viertel der Firma ging an Ernest Dorfners Bruder Vitus, das letzte Viertel ging an die sieben Kinder Michael Dorfners.[9]
1913 steigerten die Kinder Josef Dorfners, die 1894 die neue Steingutfabrik erbaut hatten, die alte Steingutfabrik um 170.000 Mark. Sie wurde noch ein paar Monat betrieben, dann bis 1918 geschlossen.[10]
Von 1918 bis bis 1938 produzierte in der Steingutfabrik die Firma Christian Carstens. Neben Steingut wurden in einem Teil der Fabrik unter dem Namen Somen & Carstens auch Schier hergestellt. In Hirschau hat man sich erzählt, dass dies die erste Schifabrik der Welt gewesen wäre. 1938 kaufte die Firma Amann und Wittmann die alte Fabrik.[3]
Einzelnachweise
- ↑ Heribert Batzl: Geschichte der Stadt Hirschau. Hrsg.: Stadt Hirschau, Hirschau 1968, S. 231
- ↑ Weiße Erde. Entwicklung des Kaolinbergbaus in der Region Hirschau/Schnaittenbach. Hirschau Mai 2001, S. 7
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 Michael Popp: Gruß aus Hirschau. Historische Ansichtskarten seit 1897. Popp & Partner, 2003, S. 14
- ↑ Alfred Ernstberger: Geschichte des Vaterstammes der Dorfner in Hirschau (Bayer. Ostmark). Michael Laßleben, 1940, S. 110
- ↑ 5,0 5,1 Alfred Ernstberger: Geschichte des Vaterstammes der Dorfner in Hirschau (Bayer. Ostmark). Michael Laßleben, 1940, S. 113
- ↑ Alfred Ernstberger: Geschichte des Vaterstammes der Dorfner in Hirschau (Bayer. Ostmark). Michael Laßleben, 1940, S. 115
- ↑ Joseph Weinberger: Die Stadt Hirschau, ihre Bürger und Häuser. Hirschau 1993, S. 535
- ↑ Steingut „Alte Mälzerei“ Hirschau, abgerufen am 14. November 2024
- ↑ Joseph Weinberger: Die Stadt Hirschau, ihre Bürger und Häuser. Hirschau 1993, S. 139
- ↑ Klaus Haußmann: Hirschauer Steingut. Die Geschichte der Fabriken und Produkte. Hrsg.: Michael Popp, Popp & Partner, 2011, S. 29